Elektroautos, welche kommen für Euch in Frage?

  • Ich hatte im "Auto nach dem Polo" schon erwähnt, dass wir mittlerweile einen i3s haben. Da stand unser "ultimativer Langstreckentest" ja noch aus. Den haben wir nachgeholt, wenn auch komplett anders als gedacht. Ursprünglich wollten wir für ein langes Wochenende von Ingolstadt nach Rotterdamm, Amsterdam und wieder zurück. Teilweise auch, weil wir das mit dem Lade-Roaming erstmal in einer "sicheren" Umgebung testen wollten. Zwei Wochen vorher: Sprunggelenk gebrochen, zweieinhalb Monate außer Gefecht. Letzten Donnerstag war bei uns Feiertag. Um 8 Uhr morgens beschlossen "spontan irgendwo hin" zu fahren. Es wurde der Gardasee. Planung null, am Gardasee waren wir auch beide noch nie. Und Italien gilt nebenbei als Lade-Katastrophe. Klingt nach Abenteuer? War's nicht. Zumindest nicht in Sachen Auto oder Energie. Am Hinweg zwei Ladestopps gemacht als wir ohnehin Pause gebraucht haben, länger Pause gemacht als wir es hätten müssen. Das Auto hat auf uns gewartet, nicht wir aufs Auto. Aufgehalten hat uns am Hinweg Stau und eine missglückte Umfahrung und am Rückweg eine Phase mit Starkregen.


    Wir haben zwar mittlerweile eine Wallbox, aber eigentlich nur weil das ganze bei unserer Vermieterin angeleiert haben und gefragt haben ob sie grundsätzlich dafür oder dagegen ist. Das nächste was wir gehört haben war, dass sie längst die Elektriker beauftragt hat, Drehstrom in die Garage zu legen. Die 5 Monate davor haben wir zu 90-95% öffentlich geladen. Meinen regelmäßigen wöchentlichen Bedarf könnte ich prinzipiell an der Ladestation vom Supermarkt während des Einkaufs "kostenlos" nachladen. Vom anfänglichen "always be charging" sind wir mittlerweile abgekommen - weil wir es schlicht nicht brauchen; So viel wie ich nachladen könnte wo ich ohnehin bin, kann ich nicht verfahren. Das ist alles so unaufgeregt, dass ich selbst ganz überrascht bin.


    Was mich gerade aber tatsächlich überrascht, ist die Menge an Schmutz die gerade über die Elektromobilität ausgekippt wird. Ich mag meinen TDI trotz aller Macken immer noch, dennoch war mir beim Kauf bewusst, dass Diesel ein Problem mit Stickoxiden haben und dass irgendwann Fahrverbote in Städten zu erwarten sind. Das Thema hatten wir 2010 in den Vorlesungen. Aber andere Zeitgenossen gucken lieber so lange weg, bis einem das Thema sehr schmerzhaft auf die Füße fällt. Das Problem ist ja nicht ein Dieselauto oder ein Benziner. Das Problem ist am Ende die Masse und die Fahrleistung. Und da machen wir ein gewaltiges Fass auf, in dessen Zentrum die Frage von Wohnort und Arbeitsort steht. In Ingolstadt finden Angestellte im öffentlichen Dienst keine Wohnungen, die sie sich leisten könnten. Einer KiTa-Erzieherin bleibt von einem regulären Gehalt mit einer Mietwohnung ohne Auto am Ende des Monats null über, deswegen gibt es hier zwar jede Menge "Beton" und eine ganze Reihe von Stellen - die schlicht unbesetzt bleiben, weil Wohnraum sprichwörtlich unbezahlbar geworden ist.
    Und ehrlich gesagt bin ich auch etwas entsetzt darüber, wie sehr man sich Mühe gibt, Elektroautos schlecht zu rechnen. Da gab es die ADAC-Studie, die alte Strommix-Daten verwendet hat und im "Hochpreissegment" ein Tesla Model X gegen einen Mercedes C220d "antreten" ließ. Dann die "Schweden-Studie" bei denen sich die Macher entsetzt zeigen, wie ihre Daten in der stillen Post uminterpetiert werden und der Worst-Case in den Annahmen als Tatsache dargestellt wird. In einer Studie, von der sich das eigentliche IFO-Institut ebenfalls distanziert hat, vergleicht ein Tesla Model 3 mit dem besagten C220 und verwendet nicht nur NEFZ-Werte für den Diesel und WLTP-Werte für das Model 3, sondern stellt auch noch weitere wilde Annahmen auf, dass sogar schon der Focus das "Papier" zerlegt. Das Frauenhofer-Institut rechnet derweilen Wasserstoff und Verbrenner schön, indem man die CO2-Emissionen der Produktion von Kraftwerken einbezieht; Die Batterien werden auf einer Lebensdauer von 150.000km gerechnet (oder weniger, je nach "Studie"), wo die minimale Lebendauer unter schlechtesten Bedingungen von Automotive-Akkus mittlerweile bei ~400.000km liegt ... und Benzin strömt natürlich bei allen aus der Zapfsäule, weil man keine Berechnungen über den Energieaufwand der Kraftstoffproduktion anstellen will.
    Dann die Ressourcenthematik... warum landet Elektronik in Afrika? Weil die deutsche Bevölkerung zu dumm ist, Geräte im Elektroschrott zu entsorgen, und stattdessen das Zeug in die Restmülltonne wirft. In der Anlage meiner alten Wohnung war auch schon mal ein ganzer Flachbild-Fernseher in der Restmülltonne. Menschenrechtler monieren seit Jahrzehnten die Abbaubedingungen im Kongo. Bis auf ein weithin igoniertes Fairphone hat sich nichts getan. Kobalt und Koltan im Handy? Kein Problem! Kobalt bei der Entschwefelung von Treibstoff? Kein Problem! Kobalt im Akku von Elektroautos? Skandal! Und das kann man beliebig fortsetzen.
    Der neueste Schrei ist es, Bilder von Notstromaggregaten oder Notfallheizungen in der Nähe von Ladesäulen zu posten, die damit nicht mal verbunden sind, letztens ging eine Versuchsanlage zur Stromversorgung mit Ladestation fürs australische Outback mit falschem Kontext durch "Social Media", ein "Powerbank-Anhänger" des ÖAMTC wird auch schon mal zum "Dieselgenerator" umgedichtet.


    Ich frage mich: Warum hat man das nötig? Ich mein ... niemand behauptet ernsthaft, dass ein Elektroauto alle Probleme löst. Und wir haben unseren BMW weil er spaßig zu fahren ist und gut zu unserem Fahrprofil passt. Ich will niemandem einen aufschwätzen. Ich fühle mich weiter emotional mit dem Polo verbunden und halte nix von Tempolimits und nichts von Fahrverboten. Aber langsam wird es mir peinlich, mit Leuten in einen Topf geworfen zu werden, die so einen Stuss von sich geben und Urteile über Dinge fällen, die sie nicht ausprobiert haben.


    €dit - Achso: Was für mich mit das interessanteste Auto ist, ist eindeutig der ID.3 als "vollwertiges Auto" und der Microlino als Pendelfahrzeug. Hätte sich meine Frau nicht direkt in den i3 verliebt, stünden wir wahrscheinlich auf der Reservierungsliste für den ID.3 ... Die Vorgeschichte war ja noch etwas länger. Ich habe seit Mitte 2017 versucht einen Golf GTE zur Probefahrt zu bekommen - Fehlanzeige. Das gleiche mit dem eGolf. Die Probefahrt mit dem i3 sollte ursprünglich nur dienen, meiner Frau die Berührungsängste zu Hybrid bzw. Elektroautos zu nehmen...

  • Schön dass du deine Erfahrungen mit uns teilst.
    Prinzipiell hast du in einigen Punkten recht. Vor allem was die Vergleiche angeht, wird häufig in eine oder die andere Richtung schön gerechnet.

    Die Batterien werden auf einer Lebensdauer von 150.000km gerechnet (oder weniger, je nach "Studie"), wo die minimale Lebendauer unter schlechtesten Bedingungen von Automotive-Akkus mittlerweile bei ~400.000km liegt ...

    Woher hast du diese Werte? Auf welche Restkapazität bezieht sich die Lebensdauer?
    Grob überschlagen empfinde ich 400.000km als extrem optimistisch. Wenn man bedenkt, dass die Akkus mit 500-1000 Ladezyklen und 10 Jahren Haltbarkeit angegeben werden.

  • Woher hast du diese Werte? Auf welche Restkapazität bezieht sich die Lebensdauer?


    Grob überschlagen empfinde ich 400.000km als extrem optimistisch. Wenn man bedenkt, dass die Akkus mit 500-1000 Ladezyklen und 10 Jahren Haltbarkeit angegeben werden.

    Diese Werte beziehen sich auf Datenblätter von Automotive-Akkus, insbesondere von Samsung SDI mit Kilometer-Umrechnungen eines BMW i3 94Ah. Also noch nicht mal das neueste Modell. Das enthält Daten zur Alterung über Alterungssimulation (also praktische Simulation mit Temperaturkammer etc.) und Zyklenfestigkeit bei Verschiedenen Temperaturen, bei maximaler Lade/Entladerate. "Hinüber" bedeutet in dem Fall 80% Restkapazität.


    Die Werte von 500-1000 Zyklen sind aktuell bei Smartphone-Akkus, die allein schon konstruktiv anders aufgebaut sind. Es gibt ja eine ganze Reihe von Faktoren, die in die Konstruktion eingehen: Energiedichte, Leistungsdichte, Sicherheit, Temperaturfestigkeit, Zyklenfestigkeit. Je nachdem welche Materialien man an den Elektroden, für die Kontaktierung, als Elektrolyt und als Separator verwendet ändern sich die Eigenschaften. Bei Smartphones sollst du dir nach zwei Jahren ein neues kaufen, also wird maximale Energiedichte verlangt, auf Haltbarkeit und Sicherheit wird im Zweifelsfall verzichtet (siehe Galaxy Note 7). Leistungsdichte ist nicht erforderlich, "Schnellladen" in 3-4h macht eine Laderate von 0,3-0,25C. Batteriezellen in der ersten Generation Elektroautos mussten aufgrund der niedrigen Kapazität immer noch Laderaten von 2-3C wegstecken können. Mit den aktuellen kobaltreduzierten Akkus höherer Kapazität braucht man solche Laderaten eigentlich schon nicht mehr. Wenn man sich ansieht, wie VW beim MEB die Ladeleistung skaliert, wird vermutlich auch parallel geschaltet, was nochmal gesünder für die Zellen ist.


    Ich habe mal versucht herauszufinden, ob es bereits Geschichten von Akku-Defekten gibt. Fehlanzeige. Es gibt den Leserbrief in der ADAC-Motorwelt; Der Betreiber eines Smart-EQ-Blogs hat mit dem "Betroffenen" gesprochen und ist dabei auf einige Ungereimtheiten gestoßen. Der Blogger vermutet dass es hier darum geht, dass der Schreiberling öffentlichen Druck aufbauen will um an kostenlose Ersatzteile zu kommen (oder das Auto von Smart zurückkaufen zu lassen?!).
    Insgesamt müssen sich meiner Meinung so einige Autohersteller den Vorwurf gefallen lassen, dass sie die Kunden über die Kosten der Akkus ... nennen wir es mal "falsch informiert" haben. Insbesondere denke ich an GM und Nissan, die letztlich ja auch den Preisbereich für Elektroautos mit ihren Modellen abgesteckt haben. Seit Serienstart sind die Preise für Automotive-Akkus regelrecht in den Keller gerauscht, der Preisvorteil ist aber nicht an die Kunden weitergegeben worden; Unter anderem weil mit dem höheren Kaufpreis auch die Einnahmenausfälle im Service kompensiert werden.